INTERVIEW MIT SEBASTIAN VENNEBUSCH – DORTMUNDER WANDERSCOUT AUF MALLORCA

IHR PERSÖNLICHES WANDERERLEBNIS
In seinem Sport- und Biologiestudium kam der gelernte Rettungsassistent das erste Mal mit dem Sporttourismus in Berührung. Durch seine Arbeit an einer Wassersportschule wurde ihm recht früh klar, dass ihm die abwechlungsreiche Arbeit mit Menschen, draußen in der Natur, am meisten Spaß macht. Mit seiner Frau Christin entschied der gebürtige Dortmunder, sich auf Mallorca  in Lloseta, einem schönen Dörfchen, früher für das Schuhhandwerk bekannt, selbstständig zu machen. Die Region rund um die Gemeinden Binissalem und Consell ist geprägt von einer Kulturlandschaft aus Weinbergen und folglich auch in Bezug auf die Gustation eine sehr angenehme Gegend, schwärmt Sebastian Vennebusch. Dort organisiert er mit seiner Frau zusammen individuelle Wanderrouten für Natur- und Kulturbegeisterte. Eine enge Verbindung hatte er schon immer zu Mallorca: „Meine Familie hat hier seit den 80er Jahren ein Ferienhaus und ich bin von klein auf hierher gekommen, um Urlaub zu machen, und da war schon recht früh der Wunsch da, hier zu wohnen. Nur liegen natürlich zwischen dem Traum und der Realität Welten und irgendwann haben wir einfach gesagt: „Wir probieren das jetzt, weil, wenn wir das jetzt nicht probieren, dann wissen wir gar nicht ob es eine Zukunft gehabt hätte. Wir haben das natürlich Jahre im Voraus vorbereitet und irgendwann haben wir dann gesagt: Jetzt machen wir den Sprung.“

„NACHHALTIG“ WANDERN

WAS MACHT IHRE WANDERROUTEN SO BESONDERS?
Unsere Wanderrouten drehen sich um das Thema Kultur und mediterrane Lebensfreude hier auf Mallorca und wir versuchen, die einheimische Bevölkerung mit einzubinden. Das bedeutet, dass wir auf privaten Gütern einkehren, diese besichtigen, die kulturhistorischen Dinge erklären. Auf den Wanderrouten in der Natur erzählen und erklären wir natürlich auch viel über die einheimische Fauna und Flora, alles im Rahmen eines nachhaltigen Tourismus, das ist unser Hauptanliegen. Wir gehen auf individuellen Wanderrouten, die abseits der sonst so gängigen Strecken liegen und auf denen man mitunter auch die Genehmigung der Großgrundbesitzer benötigt. Zu einigen haben wir ein freundschaftliches Verhältnis und daher erlauben sie uns, über ihr Gut zu gehen. Wir wollen ein bisschen was an diese Leute zurückgeben, weil sie sich dafür einsetzen, dass diese Kulturlandschaft erhalten bleibt. Der „Barranc de Biniaraix“ ist beispielsweise eine recht bekannte Wanderroute und sie ist dadurch ein bisschen persönlicher für uns geworden, weil wir einen Freund im Barranc haben, der uns auf sein Gut einlädt und über die Geschichte, über die Arbeit in den Bergen erzählt.

UMFASSEN IHRE ROUTEN NUR DAS TRAMUNTANA-GEBIRGE ODER GEHT ES AUCH DARÜBER HINAUS?
Nein, es gibt darüber hinaus noch viele weitere reizvolle Wanderregionen und die bauen wir mit ein. So ist die Serra de Llevant ein Gebirgszug, der parallel zur Serra de Tramuntana verläuft. Man versucht immer so eine Mischung aus Naturerfahrung und Kultur hinzubekommen und das Wandern auch damit zu kombinieren, dass man irgendwo einkehrt, weil dieses „Erleben“ und „Erfahren“, auch der Gaumenfreuden natürlich, da irgendwo mit dazugehört.

WAS MACHEN SIE FÜR STATIONEN, WO KEHREN SIE EIN?
Wenn wir auf speziellen Gütern sind, dann ist es möglich, dass die Besitzer eine Kleinigkeit herrichten, hausgemachte Sachen für uns vorbereiten und uns dann ein bisschen an ihrem Leben teilhaben lassen. Auf der anderen Seite sind es mallorquinische Restaurants, beispielsweise, die wir dann auch vorstellen. Das ist so ein bisschen auf die Kunden individuell zugeschnitten.

DER ASPEKT „SPANISCHE TRADITION“ NIMMT ALSO AUCH EINEN TEIL BEI IHREN WANDERROUTEN EIN?
Auf jeden Fall, weil das gerade so die Sachen sind, die im Moment in Vergessenheit geraten. Klar, Mallorca ist eine Insel, die in der Vergangenheit, aber auch heute noch, vom Massentourismus geprägt ist, das ist auch jetzt erstmal gar nicht so negativ zu bewerten, weil das einfach mit dazugehört. Aber darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Gütern, wo Tradition – auch heute noch – gelebt wird, wo auch landwirtschaftliche Arbeit noch einen Stellenwert hat. Da ist natürlich die Tradition ein wesentlicher Teil, und man kann zeigen, wie damals auf den Gütern gearbeitet wurde und wie heute auf den Gütern mitunter noch gearbeitet wird. Mallorca war immer eine Insel, die sehr umkämpft war im Mittelmeerraum. Viele Völker haben sich darum gerissen, hier zu leben und haben überall Spuren hinterlassen. Und das ist das Interessante, weil Spuren von Generation zu Generation weitergegeben wurden und die mallorquinische Lebenskultur bis heute prägen.

JETZT, WO SIE DEN ASPEKT „MASSENTOURISMUS“ ANSPRECHEN – VERSUCHEN SIE EINE KEHRSEITE ZU ZEIGEN, EIN GEGENANGEBOT ZU BIETEN?
Genau, darum geht es, weil die Ansprüche der Menschen halt ganz unterschiedlich sind. Mallorca wird es mit diesem bekannten Massentourismus wahrscheinlich immer geben – klar mit Veränderungen mit der Zeit. Aber unser Anliegen ist es, ein anderes Mallorca zu präsentieren und daraus ist ja auch unser Name entstanden: „Mallorca autentica“, was wir uns als Namen ausgesucht haben, soll praktisch dieses authentische, ursprüngliche Mallorca auch rüberbringen und damit halt neugierig machen auf die Tradition, auf individuelle Dinge.

WENN WIR UNS JETZT EINES KLISCHEES IN BEZUG AUF MALLORCA BEDIENEN, DENKT MAN JA DIREKT AN DEN BALLERMANN. INWIEFERN STÖSST DENN JETZT IHR PROGRAMM AUF RESONANZ BEI DEN TOURISTEN?
Also unser Angebot stößt vor allen Dingen deshalb auf Resonanz, weil man jetzt wirklich teilhaben kann an den mallorquinischen Lebensbräuchen, an den Traditionen, Einblick bekommt in die Güter und somit eigentlich eine ganz andere Seite von Mallorca kennenlernt als durch den Massentourismus. Man blickt hinter die Kulissen der Familien und der hier lebenden Bergbauern und erfährt beispielsweise mehr über Naturschätze, die noch gar nicht in vieler Munde sind. Uns geht’s halt darum, alles auf eine respektvolle Art zu tun. Das wird auch sehr gut von den Einheimischen hier aufgenommen, dass es nicht nur dieser „Sol y playa“ ist, so nennt man ja diesen Tourismus, der sich am Strand abspielt, sondern dass es auch Leute gibt, die wirklich Ansprüche haben und Kultur erfahren wollen und gerade dieses Familiär-Freundschaftliche unheimlich zu schätzen wissen.

WAS BEGEISTERT SIE AN DER MALLORQUINISCHEN LEBENSART?
Die Gastfreundschaft hier auf der Insel und gerade, dass man mit eingebunden wird und auch teilhaben kann. Klar, der Schlüssel dazu ist natürlich die Sprache der Mallorquiner. Hier auf der Insel wird ja Katalan gesprochen, doch selbst wenn man das nicht beherrscht, kommt man mit Spanisch unheimlich weit. Es muss ja noch nicht einmal perfekt sein, doch wenn man sich darauf einlässt und die Bereitschaft und Offenheit für die Sprache zeigt, dann wird man mit offenen Armen aufgenommen.

WAS SIND FÜR SIE DIE SCHÖNSTEN ECKEN MALLORCAS?
Mallorca ist so unterschiedlich. Es hängt von den verschiedenen Jahreszeiten und Tageszeiten ab.  Die Serra de Tramuntana ist beeindruckend, weil man auf den Wanderungen unter Umständen keine Menschenseele trifft, also diese pure Stille, das ist eigentlich das, was oftmals am meisten fasziniert. Die Region Artà ist auch eine wunderschöne Ecke mit türkisfarbenen Badebuchten und einfach eine wunderbare Kombination aus Meer und Bergen.

Fotos: Mallorca Autentica C. & S. Vennebusch.

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