Das heute scheinbar so selbstverständliche, weibliche ,Recht auf Hosen‘ ist noch jung. Es ist das Ergebnis eines fast zwei Jahrhunderte währenden Kampfes um die Hose. Frauen machten aus den unterschiedlichsten Motiven heraus Männern das von ihnen seit dem Spätmittelalter reklamierte Hosenprivileg streitig. Und bei der sukzessiven Teilübernahme „des Hosenrechts“ ging es um wesentlich mehr, als um eine der üblichen, modebedingten Veränderungen im weiblichen Kleiderverhalten. Tatsächlich sollte sich hierin das Bestreben nach einer Neuordnung des Geschlechterverhältnisses manifestierten.
Ja, heute sind Hosen an Frauen keine Sensation mehr. Sie sind eher nicht mehr wegzudenken. Und dennoch ist es noch (un-)geschriebenes Gesetz – wer als Frau besonders weiblich wirken möchte greift zu Rock oder Kleid. Was vorgestern als außergewöhnlich und sogar verpönt galt ist heute für Frauen selbstverständlich und jeder Frau, ihrer Laune und ihrem Stil überlassen. Die Geschichte der Hose als modisches Objekt ist noch jung. Von George Sand abgesehen, die ihren in der Kleidung männlichen Typus kultivierte, ohne indessen auf einen äußerst weiblichen Lebensstil zu verzichten, gab es bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts keine Beinkleider, in der sich eine Frau sehen lassen durfte. Ein hosenähnliches Kleidungsstück fand man im 19. Jahrhundert an einigen Damen im Rad- oder Reitsport. Dieses galt als absoluter Tabubruch. Da es natürlich viel einfacher war, sich mit Stoff zwischen den Beinen weniger aufreizend vor der Männergesellschaft auf ein Fahrrad zu schwingen, fand man daraufhin mit der sogenannten „Bloomer-Hose“ einen Kompromiss. Amelia Bloomer, US-amerikanische Frauenrechtlerin, entwarf – um Frauen mehr Bewegungsfreiheit und dadurch mehr Möglichkeiten zur aktiven Teilnahme am gesellschaftlichen, politischen und Arbeitsleben geben zu können – einen auf Knielänge verkürzten Rock und eine unter dem Rock getragene, knöchellange Pluderhose. Auch die Abschaffung des Korsetts unterstützte sie. Die Herren waren jedoch grundsätzlich weder von fahrradfahrenden Frauen, noch von Frauenhosen begeistert, da ihr Rollenbild dadurch ins Wanken geriet. Bei Frauenrechtlerinnen stießen diese ersten Frauenhosen auf großes Interesse. Allerdings wurden sie von der breiten Öffentlichkeit nicht akzeptiert, sondern riefen Hohn und Spott hervor. Somit war die Frauenhose im modischen Alltag der Frau noch kein Thema. Ab und an fand man vereinzelnd mutige, hosentragende Damen, dann eher im Sport oder im Theater, wo Frauen halt Männerrollen spielten.
Der französische Designer Paul Poiret steckte seine Modelle um 1910 in bodenlange Hosenrock-Kostüme und setzte ihnen noch einen Turban obendrauf – exotisch, aber wenig alltagstauglich. Wieder einmal die Nase vorn hatte Coco Chanel: Sie entwarf eine Hose für den Eigenbedarf, um auf einer Reise nach Venedig mühelos in die schwankenden Gondeln ein- und wieder aussteigen zu können.
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