Text: Martina Handwerker
Seine Bilder spiegeln eine Symbiose aus früheren Epochen und Moderne. In leidenschaftlicher, virtuoser Malerei setzt Markus Fräger scheinbar alltägliche Moment aufnahmen in barocker Sinnlichkeit um. Der Kölner Künstler spielt in der ersten Liga zeitgenössischer Maler.
„Was soll der Maler malen?, das ist doch die Frage“, fragt der 55-Jährige und setzt fort „wenn doch schon alles gemalt ist.“ Das sagt er so, als meine er: Wenn doch schon alles gesagt ist. In seinem Atelier lehnen verschiedene seiner Großformate aufgestellt an der Wand inmitten von Farben und einem wahren Meer unterschiedlichster Fotografien. Mit Eifer erklärt er den Hintergrund seiner Kunst. „Künstler haben mit Ihrer Malerei doch von jeher versucht, sich und den Betrachtern ihrer Bilder, Gott und die Welt zu erklären. Göttliche Fügung als Bedingung allen Menschseins, und die Fragen daran, behandelt in den Mythologien, waren die großen Themen der Kunst. Alle Auseinandersetzung mit menschlicher Existenz hat bis zur Auflösung der gegenständlichen Malerei in der Abstraktion bis hin zum revolutionären Werk eines Joseph Beuys stattgefunden.“ Dennoch: Wer so großes Talent besitzt, Kreativität und Berufung verspürt, muss malen. Das ist Frägers Antrieb.
In Markus Frägers Arbeiten hat es oft den Anschein, als sei die barocke Bildsprache in der modernen Lebenswelt angekommen. Beim Betrachter lösen gestaltete – vermeintliche - Alltagssituationen eine gewisse Ratlosigkeit aus. Denn die Malerei Frägers, die Anatomie, Perspektivität und Bildkomposition beherrscht, oszilliert zwischen Gefallen und Irritation. Es sind Szenerien, wie in den Bildern „Paar mit Hund“, oder „Das Angebot“, die wie fotografische Momentaufnahmen konzipiert sind. Darin scheint jede Person für sich realistisch und ist in einem absichtsvollen Verhalten abgebildet. Trotzdem ahnt man die verschiedenen Welten, Realitäten, in die sich die Figuren wirklich einordnen lassen. Manche stehen im direkten Blickkontakt mit dem Betrachter, wie jemand, der in eine Kamera schaut. Andere scheinen mit sich selbst beschäftigt, wie beispielsweise ins Gespräch vertieft zu sein und wirken allein mit sich und ihren Botschaften. Durch das gekonnte Spiel mit Licht und Schatten fühlt sich der man dennoch ins Bild hineingezogen. Eine Auseinandersetzung beginnt, denn auf geheimnisvolle Weise rühren die Figuren an. Und es sind die hintereinander gestaffelten Räume und Durchblicke seines Ateliers, die Fräger in seinen Bildern collagiert. „Die Anordnung dieser düster-romantischen Atmosphäre eines antiken Backsteinbaus, im Bild umgesetzt, bieten mir immer wieder die Möglichkeit, sie als Aussage zu deuten. Die Personen, die hier miteinander zu agieren scheinen, bleiben in ihren getrennten Sphären.“
„DIE ANORDNUNG DIESER DÜSTER-ROMANTISCHEN ATMOSPHÄRE EINES ANTIKEN BACKSTEINBAUS, IM BILD UMGESETZT, BIETEN MIR IMMER WIEDER DIE MÖGLICHKEIT, SIE ALS AUSSAGE ZU DEUTEN. DIE PERSONEN, DIE HIER MITEINANDER ZU AGIEREN SCHEINEN, BLEIBEN IN IHREN GETRENNTEN SPHÄREN.“
Drei Wächterinnen
Das Angebot
In diesen Räumen einer alten Industrieimmobilie im Kölner Westen finden auch die Proben seiner Band statt. Vor Jahren war Markus Fräger ein professioneller Musiker. Mit den Songs der Formation ‚The Ace Cats’ brachte es Fräger als Sänger sogar auf die ersten Plätze der deutschen Charts. ‚Alternative Country-Rock’ nennt er den Musikstil seiner aktuellen Band. Die Musik bedeutet ihm auch heute noch viel, doch seine künstlerischen Prioritäten liegen bei der Malerei beteuert der Vater von vier Kindern und erklärt: „Heute gibt es da keinen Zweifel mehr für mich, wo mein künstlerischer Schwerpunkt liegt. In der Musik lässt sich neue Kraft und Kreativität für meine Arbeit im Atelier schöpfen.“ Diese Arbeit im Atelier, das Malen, bildet heutzutage absolut den Schwerpunkt in Frägers kreativem Schaffen. Das Leben mit der Familie geschieht für Fräger nicht getrennt vom Arbeiten an seinen Bildern. Er selbst durfte schon als kleiner Junge seinem Vater im heimischen Atelier über die Schulter schauen. Dieser arbeitete als Grafiker zunächst an Holzschnitten mit biblischen Themen und setzte sich später erfolgreich in seinen Radierungen kritisch mit Mensch und Umwelt auseinander. Das Zeichnen nach der Natur hat Markus Fräger schon damals zuhause gelernt. Leidenschaftlich malte er eigentlich dauernd, kritzelte in jedes Schulheft kleine Zeichnungen seiner Lehrer und Mitschüler.
Eine Herausforderung war es, Gesichter von Personen aus dem Gedächtnis zu zeichnen. So muss sich sein fotografischer Blick, der in seiner aktuellen Kunst so dominant geworden ist, schon früh entwickelt haben. Markus Fräger entwickelte seinen eigenen Stil figurativer Malerei. Seine bis zu 4 mal 4 Meter großen Formate gestaltet er mit Leidenschaft, zum Teil mit bewusst deutlich sichtbarem Pinselstrich. Es scheint fast so, als stemme er sich dabei gegen alle digitale stoffliche Auflösung gegenüber der Existenz. Möglicherweise löste sein Studium der Kunstgeschichte eine Tendenz aus, auch religiöse Botschaften in barocker Kunst in seine modernen Bilder zu übertragen. Der Maler dokumentiert in seinen Bildern das Augenblickhafte, Wandelbare und die zeitliche Bedingtheit von Wahrnehmung. Es sind Fotografien und Skizzen, die die perfekte Grundlage entstehender Kompositionen bilden. Zum Teil sucht er Motive, die ihm zufällig begegnen und die geeigneten Lichtverhältnisse mitbringen. Diese kombiniert er mit Bildmaterial aus Film und neuen Medien. „Meine Bildsprache spricht beim Betrachter vorhandene Chiffren an, die ihn als abendländischen Menschen sofort nach Deutungen suchen und sein eigenes mythisches Empfinden entdecken lassen.“, ist er sich sicher. Schließlich liegen auf dem Boden des Ateliers Fotos eines Rembrandt-Gemäldes, einer Szene aus einem David Lynch-Film und das eines Fräger- Bildes nebeneinander. Dabei ist die Ähnlichkeit in der Bildsprache unverkennbar. Es ist doch kein Zufall, dass Rembrandt, David Lynch und Markus Fräger dasselbe Licht in Szene setzen. Nein, kein Zufall: Der Kölner Maler, Markus Fräger, spielt in der ersten Liga.
Lebt und arbeitet in Köln.
1959
Geboren in Hamm
1979
Aufnahme an der Hochschule für bildende Künste Braunschweig
1980 bis 1986
Studium der Kunstgeschichte und Archäologie an der Wilhelms-Universität Münster
1993
Hanns Sprung-Förderpreis der Arbeitsgemeinschaft bildender Künstler am Mittelrhein e.V.
Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart Sammlung des Landes Rheinland-Pfalz Mittelrhein Museum, Koblenz Museum am Dom, Würzburg Vatikanische Museen Vatikan, Vatikanstadt Städtisches Museum, Miltenberg Ines und Jürgen Graf Stiftung für Kunst, Kultur, Industriedesign, Köln Neumünster zu Würzburg Hochaltar in der Pfarrkirche Ramstal St. Hippolytkirche, Dettingen am Main Neumünster, Würzburg
www.markusfraeger.de