KUNST EVENTS

STRAHLEN VOR GLÜCK

DER DORTMUNDER KULTURSCHAFFENDE HORST HANKE-LINDEMANN WAR BEI FLOATING PIERS AM ITALIENISCHEN ISEOSEE UND ERLEBTE CHRISTO‘S VIELLEICHT LETZTES MONUMENTALPROJEKT. EIN SEHR PERSÖNLICHER BERICHT.

Links: Christo bei der Eröffnung am 18.07.16, rechts: Horst Hanke-Lindemann

Ein Sommernachtstraum? – Die Floating Piers und andere vergängliche Monumente aus der Sammlung Hanke-Lindemann. Ausstellung über Erinnerungen, Sammlungen und Aufzeichnungen. Theater-Galerie Fletch Bizzel, Humboldtstraße 45, Dortmund.21.09.2016 bis 03.11.2016. www.fletch-bizzel.de

Seit Anfang der achtziger Jahre leitet Horst Hanke-Lindemann die Geschicke des Theater Fletch Bizzel in Dortmund, lässt Hochöfen, Phönixsee und Dortmunder „U“ zu theatralen Nächten illuminieren und verwandelt die Industriebrachen in einen Boulevard, an dem sich die Dortmunder Theaterhäuser und Ensembles präsentieren. Für den Geierabend zeichnet er sich seit der ersten Stunde als „Veranstalter“ für die Organisation und Durchführung verantwortlich. Und seit vielen Jahren ist Horst Hanke-Lindemann künstlerischer Leiter von RuhrHOCHDeutsch, des erfolgreichsten Comedy-Festivals Deutschlands. Wir sprachen mit ihm über seine eigentliche Leidenschaft, die ihn seit Jahrzehnten begleitet: Der Kunst des bulgarischen Künstlers Christo und seiner inzwischen verstorbenen Frau Jeanne-Claude. Hanke-Lindemann war am 18. Juli diesen Jahres bei Floating Piers. Hier seine persönlichen Eindrücke von dem wohl letzten Monumentalprojekt Christos.

HORST, AM 18. JULI HAT DIE AUSSTELLUNG „FLOATING PIERS“ ERÖFFNET UND HATTE ZWEI TAGE SPÄTER FAST 200.000 BESUCHER. DU WARST EINER DAVON UND BIST EIN ABSOLUTER CHRISTO-ENTHUSIAST. WAR „FLOATING PIERS“ FÜR DICH DIE LOGISCHE FOLGE DER KUNST-EVENTS, ODER WAR ES EINE VÖLLIG NEUE DIMENSION FÜR DICH? WIE HAST DU DAS EMPFUNDEN?
Ich glaube man hat schon im Vorfeld gespürt, dass „Floating Piers“ etwas ganz Besonderes werden würde. Wann hat man schon mal die Möglichkeit, über so eine lange Strecke, über das Wasser zu laufen? Allein dieses Gefühl und sich dabei gleichzeitig die Umgebung, die Natur anzuschauen, das ist schon etwas Tolles. Wenn man mit dem Schiff über den Gardasee fährt, sieht man von der einen Seite die Berge. Das ist etwas ganz anderes, als wenn man zu Fuß einen Spaziergang macht und den Weg und die Berge neben sich sieht. Sobald du auf dem Wasser bist, hast du eine Perspektive, die du sonst nicht hast. Das wusste ich natürlich vorher. Was ich nicht wusste, ist dass man sich eigenständig bewegt und nicht vom Schiff abhängig ist. Der Farbrausch mit dem Orange, war zudem besonders markant. Warum wird Orange soviel in der Werbung benutzt? Weil die Farbe fasziniert: Sie erinnert an Sonne, an Urlaub, an Glücksgefühl. Das ist von ihm sehr bewusst gewählt worden. Das hat Sinne freigesetzt, die man mit einem dunklen Blau auf keinen Fall gehabt hätte.

ES HEISST, DASS DIE JOURNALISTEN DIESER WELT IN MENSCHENMENGEN GESTANDEN HÄTTEN, VOR GLÜCK STRAHLEND. KANNST DU DAS NACHEMPFINDEN?
Ja, ich habe eine fantastische These aufgestellt: Ich ordne ihn wirklich neben den Dalai Lama oder Gandhi ein, beide große Humanisten. Er hat es geschafft, ein Gefühl von ganz großem Frieden, von Ruhe, Ausgeglichenheit und Freude zu erzeugen. Wenn man den Menschen ins Gesicht geschaut hat konnte man sehen, dass sie alle beseelt sind. Als ob sie auf einem anderen Stern gewesen wären.

DAS IST JA MÖGLICHERWEISE DAS LETZTE MONUMENTAL GROSSE OBJEKT VON IHM, SO WIE ER ES SELBER AUSDRÜCKT. DU HAST ABER SCHON MEHRERE BEGLEITET.  WELCHE BEDEUTUNG HAT ER FÜR DICH?
Ich habe nicht so viele live gesehen. Der Reichstag war natürlich ein unglaubliches Monument was er da geschaffen hat. Da waren ja fünf oder sechs Millionen Menschen, die sich das angeschaut haben. Das war schon großartig. Er begleitet mich schon solange ich denken kann. Er hat ja schon in den 70er Jahren angefangen, sich einen Namen zu schaffen.

WANN HAT ES DICH GEPACKT UND WAS HAST DU EMPFUNDEN ALS DU ERKANNT HAST, DASS DU MIT LEIDENSCHAFT „CHRISTO-ANHÄNGER“ BIST?
Ich habe mich schon immer für Landart interessiert und ich habe viele Freunde in Holland, die das gemacht haben. Er war da immer der ganz große Meister der alle mitgerissen hat.

DU BIST AUCH LEIDENSCHAFTLICHER CHRISTO SAMMLER, KANNST DU DAS NÄHER DEFINIEREN?
Das hat sich erst in der letzten Zeit verdichtet. Es ergab sich dadurch, dass wir auf dem Floating Piers waren und gesagt haben: Darauf muss man zurückblicken, das muss man zeigen und präsentieren. Wir haben Materialien und Stoffe, die er für seine Werke genutzt hat, in unserer Sammlung aufgenommen und sie dadurch erweitert und komplettiert. Von diesen Materialien gibt es weltweit nicht mehr so viele, da er die meisten gezielt vernichtet. Es gehört zu seinem Konzept, dass er die Materialien schreddert, wieder der Natur hinzufügt oder recycelt und für neue Projekte benutzt. Aber wir können jetzt eine große Bandbreite von dem was er gemacht hat präsentieren.

AB ENDE SEPTEMBER SEHEN WIR ALSO EINE AUSSTELLUNG DIE DEINE PERSÖNLICHE BEGEGNUNG MIT CHRISTO DOKUMENTIERT. WENN WIR UNS MAL DREI EXPONATE HERAUSSUCHEN, WELCHE GEFÜHLSWELT VERBINDET SICH DAMIT UND WAS IST DIR BESONDERS WICHTIG?
Das Aktuellste ist ja Floating Piers. Das ist ja auch dem Betrachter am Nächsten. Was mich am meisten fasziniert, sind die Farben. Da sind in New York die Tore, die er gemacht hat. Er hat etwas in einem urbanen Raum erschaffen, was den Park komplett verändert hat. Dann diese großen Sachen wie „Running Fields“, wo er Leinwände über Berg und Tal gespannt hat. Das ist ein Eingriff in die Natur, ohne sie zu zerstören.

WIR FREUEN UNS AUF DIE AUSSTELLUNG. WAS ERWARTET DEN BESUCHER?
Es ist ein Rückblick und eine Idee über seine letzten großen Werke, die dem Besucher geboten wird. Für alle ist es ein schöner Streifzug über alles das, was er in den letzten Jahren gemacht hat. Ohne den Anspruch zu stellen, die kompletten Werke von ihm präsentieren zu können. Der Besucher bekommt ein schönes Gefühl über Floating Piers. Für diejenigen die da waren, eine schöne Erinnerung. Für alle anderen, ist es ein Einblick. Die Stoffe von Floating Pierce kommen ja aus der Nähe von Münster. Viele seiner Materialien kommen aus Deutschland. Die Stoffe und Seile sollen aus Dortmund kommen und die Fässer kommen aus Kleve.